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Rubrik: Wissenschaft

Neues europäisches Forschungsprojekt zur Nutzung von Quallenblüten

Mittwoch, 4. Oktober 2017, 08:25

Klimawandel und menschliche Eingriffe in das Ökosystem Meer führen dazu, dass sich die Zahl der Fische in unseren Ozeanen immer weiter verringert. Da so die Nahrungskonkurrenten und Fraßfeinde von Quallen verschwinden, treten diese immer häufiger massenweise auf. Bisher gelten sie vor allem als lästig, wenn nicht sogar gefährlich. Das am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel koordinierte Projekt GoJelly möchte das ändern und eine Eignung der Organismen als Mikroplastikfilter, Dünger oder Fischfutter untersuchen

Kompassqualle

Eine im Atlantik und Mittelmeer weit verbreitete Kompassqualle (Chrysaora hysoscella), Foto: © Tihomir Makovic

Steigende Wassertemperaturen, Ozeanversauerung und Überfischung scheinen die Entwicklung von Quallen zu begünstigen. Immer häufiger treten sie in riesigen Schwärmen auf. So haben Quallen schon ganze Fischfarmen an europäischen Küsten vernichtet und Kühlsysteme von küstennahen Kraftwerken verstopft. Wie kann man dieser Umweltveränderung begegnen?

Quallen-Zuchtbecken

Die Entwicklung und Nutzung eines neuartigen Quallen-Zuchtbeckens ist Teil von GoJelly, Foto: © Jan Steffen, GEOMAR

Ein Konsortium von 15 wissenschaftlichen Institutionen aus acht europäischen Ländern unter Leitung des GEOMAR hat eine innovative Idee. In dem von der Europäischen Union geförderten Projekt GoJelly wollen sie erforschen, wie man die Organismen zukünftig sinnvoll nutzen kann. „Alleine die eingeschleppte amerikanische Rippenqualle kommt in europäischen Gewässern auf eine Biomasse von einer Milliarde Tonnen. Wir neigen dazu, die Quallen so weit wie möglich zu ignorieren. Doch es muss andere Lösungen geben“, sagt Dr. Jamileh Javidpour vom GEOMAR, Initiatorin und Koordinatorin von GoJelly.

Zunächst steht Grundlagenarbeit an, denn die Lebensweise vieler Quallenarten ist nur ungenügend erforscht. Wann es wo zu einer großen Quallenblüte kommt, kann bislang kaum vorhergesagt werden.

Parallel arbeiten die Projektpartner schon an dem zweiten Schritt: Was tun mit der abgefischten Biomasse? Zum Beispiel gegen eine andere, menschengemachte Plage einsetzen. „Erste Studien haben gezeigt, dass Schleim von Quallen Mikroplastik binden kann. Wir wollen also ausprobieren, ob aus Quallen Biofilter hergestellt werden können. Die könnten dann in Klärwerken oder in Fabriken eingesetzt werden, in denen Mikroplastik anfällt“, erklärt Dr. Javidpour.

GoJelly

GoJelly

Weitere Verwendungsmöglichkeiten sind Dünger und Quellstoffe als Bodenwasserspeicher für die Landwirtschaft auch in Trockengebieten oder auch Futter für die Aquakultur. „Derzeit werden Zuchtfische meist mit gefangenem Wildfisch gefüttert, was das Problem der Überfischung nicht mindert, sondern vergrößert. Futter aus Quallen wäre deutlich nachhaltiger und würde die Wildfischbestände schonen“, betont die Biologin.

Auch an die Nahrungsmittelproduktion für den menschlichen Verzehr haben die Forscher gedacht. „In einigen Kulturen stehen Quallen bereits auf dem Speiseplan. Wenn das Endprodukt nicht mehr glibberig ist, könnte es auch allgemein eine größere Akzeptanz erlangen“, ist sich Dr. Javidpour sicher. Zu guter Letzt enthalten Quallen auch Collagen, ein in der Kosmetikindustrie sehr begehrter Stoff.

Das Team von Dr. Javid wird sich auch mit der Frage beschäftigen, welche ökologischen Auslöser die Bildung von Quallenblüten in verschiedenen geografischen Gebieten und ökologischen Systemen kontrollieren. Ziel ist die Entwicklung einer interaktiven Online-Karte und einer App, die Quallenblüten vorhersagen sollen. Bisherige Webseiten und Apps beobachten die Blüten nur, sagen sie aber nicht voraus.

„Quallen können Rohstoffe für verschiedenste Verwendungszwecke liefern. Es wäre unsinnig, dieses Potenzial nicht zu nutzen, zumal uns die zugrunde liegende Biomasse immer wieder direkt vor die Haustür schwimmt“, fasst Dr. Javidpour den Ansatz des Projekts GoJelly zusammen.

Infos: www.geomar.de.

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